top of page

Seollal – koreanisches Neujahr traditionell und modern

  • Autorenbild: Karina
    Karina
  • 7. Feb. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Seit Jahrhunderten feiern Koreaner Seollal – das Neujahrsfest. Mit tief verwurzelten Traditionen und Bräuchen. Doch wie verändert sich das Fest in der modernen Gesellschaft?

Koreanische Familie versammelt an Seollal in traditionellen Hanbok in einem Hanok.

Seollal (설날) ist das koreanische Neujahr – ein Fest, das tief in der koreanischen Kultur verwurzelt ist. Es ist nicht nur ein Zeitpunkt für Feierlichkeiten und familiäre Zusammenkünfte, sondern auch ein Moment des Neuanfangs. Seit ich vor einigen Jahren nach Korea gezogen bin, fühlt sich Seollal immer mehr wie der Feiertag zum Jahreswechsel an. Und obwohl in unserer Familie Seollal mittlerweile eher modern gefeiert wird, habe ich eine Tradition besonders ins Herz geschlossen, der ich anfangs noch skeptisch gegenüberstand. Doch beginnen wird von vorne.


Was ist Seollal?

Seollal ist weit mehr als nur der erste Tag des Mondkalenders, der übrigens während des Neumondes stattfindet. In der koreanischen Kultur markiert es den Beginn eines neuen Jahres und ist ein Feiertag von enormer Bedeutung. An diesem Tag vereinen sich Familien, um nicht nur das neue Jahr zu begrüßen, sondern auch um ihre Ahnen zu ehren. Diese jahrhundertealte Tradition prägt die koreanische Gesellschaft. Ursprünglich war Seollal eng mit der Landwirtschaft verbunden und markierte den Beginn des landwirtschaftlichen Zyklus.


An diesem Neujahrsfest brachte man Opfergaben und bat die Ahnen um eine reiche Ernte und einen Segen im neuen Jahr. Zudem war es eine hervorragende Gelegenheit, die Familie zu sehen, schließlich waren Reisen in der Vergangenheit eher beschwerlich und man sah sich selten. Und so ist es bisher immer noch Brauch, dass die Familie sich an diesem Feiertag, der über drei Tage stattfindet, versammelt und einige Rituale durchführt. Das ist einer der seltenen Zeitpunkte, wenn in Korea tatsächlich viele Läden und Restaurants schließen, die Hektik abnimmt und das Leben zumindest ein wenig zum Stillstand kommt.


Traditionen und Bräuche

Eingang eine Tempels mit Neujahrsglückwüschen und Koreanern
Koreaner besuchen einen buddhistischen Tempel. Am Eingang sind Neujahrsglückwünsche angebracht.

Seollal ist ein Feiertag voller Traditionen. Häufig tauchen Bilder von farbenfrohen Hanboks, lebhaften Familientreffen und tiefgründigen Traditionen auf, wenn man über das koreanische Neujahr spricht. Das Fest schließt Bräuche ein, denen einige Koreaner bis heute strikt folgen.

  • Hanbok (한복) – Familienmitglieder kleiden sich in ihre schönste, traditionelle koreanische Kleidung, die aus leuchtenden Farben und feinen Stoffen besteht. Heutzutage beschränkt es sich vor allem auf junge Familienmitglieder und Kinder.

  • Charye (차례) – eine Ahnenzeremonie, die morgens früh durchgeführt wird. Dabei werden auf einem Altartisch spezielle Speisen sowie Getränke aufgestellt und man verbeugt sich zweimal tief vor den Ahnen.

  • Besuch von Familiengräbern – oft werden an Seollal ebenfalls Familiengräber besucht, um eine kleine Opfergabe zu bringen und das Grab zu pflegen.

  • Sebae (세배) – Neujahrsbegrüßung an die älteren Mitglieder der Familie, bei der sich jüngere Familienmitglieder einmal tief verbeugen und ihnen ein frohes neues Jahr wünschen. Die Älteren sagen im Gegenzug ebenfalls Neujahrswünsche.

  • Sebaetdon (세뱃돈) – darüber freuen sich meistens die Kinder in der Familie, denn für sebae bekommen sie von den Älteren oft Geld in kleinen Umschlägen als Geschenk.

  • Besuch von Tempeln und Schreinen – genauso wie man bei uns an Weihnachten in die Kirche geht, gehen Koreaner an Neujahr oft in buddhistische Tempel, um für ein glückliches und gesundes Jahr zu beten.

  • Familienspiele – besonders “Yutnori” (윷놀이) ist beliebt an diesem Feiertag, welches sehr unserem “Mensch, ärger dich nicht” ähnelt. Vielleicht war es mal der Vorreiter?

Es ist eine herzliche Zeit, in der man gemeinsam in das Neujahr startet. Üblicherweise trifft man sich übrigens beim ältesten männlichen Familienmitglied väterlicherseits.


Spezielle Speisen

Tteokguk, koreanische Reikuchensuppe auf einem Tisch
Tteokguk wird oft mit dünnen Streifen aus Ei dekotiert.

An Seollal dreht es sich jedoch nicht nur um Traditionen, sondern auch um köstliches Essen! Jede Feier wird zu einem wahren Festmahl. An der Spitze der Liste steht Tteokguk, eine herzhafte Suppe mit dünnen, runden Reiskuchen, die symbolisch für ein langes Leben und Wohlstand steht. Dazu werden Fleisch, Frühlingszwiebeln, getrocknete Meeresalgen und Ei hinzugefügt. Früher pflegte man zu sagen, dass man ein Jahr älter wird, nachdem man Tteokguk gegessen hat, denn alle Koreaner wurden an Neujahr ein Jahr älter aufgrund der koreanischen Altersberechnung.

Selbstgemachte Mandu
Selbstgemachte Mandu zu Seollal

Ein weiteres Highlight sind die selbstgemachten Mandu, koreanische Teigtaschen. Diese werden oft gemeinsam mit der Familie zubereitet. Sie enthalten normalerweise eine Mischung aus Fleisch, Gemüse und Tofu. Einmal durfte ich bei diesem Unterfangen mitmachen. Zuerst wird der Tofu mithilfe eines Stofftuchs ausgewrungen, bis er keine Flüssigkeit mehr hat und dann werden alle Zutaten zerkleinert und miteinander vermengt. Während sich die Herstellung eher wie ein Fließbandprozess anfühlte, versuchte man sich dabei trotzdem auszustechen: Wer macht die meisten Mandu? Ein bisschen Wettbewerb darf wohl auch an Feiertagen in Korea nicht fehlen.


Seollal in der modernen Gesellschaft

In der heutigen, schnelllebigen koreanischen Gesellschaft hat Seollal immer noch einen festen Platz, allerdings mit einigen modernen Wendungen. Während manche Familien weiterhin an den traditionellen Elementen wie Ahnenverehrung und Familientreffen festhalten, sehen es andere Familien mittlerweile viel lockerer. Besonders seit der Corona-Zeit wird häufiger in einem kleineren Familienkreis gefeiert, worüber sich so einige Koreaner freuen, schließlich sind nicht alle Familienfeiern immer herzlich und freundlich.


Auch das traditionelle Kochen wird am koreanischen Neujahr sehr vereinfacht. Früher kümmerten sich Frauen noch gemeinsam um die Zubereitung der Speisen. In der heutigen Zeit ist es jedoch kaum möglich, da sich die Rolle der Frau ändert. Besonders junge Frauen finden wenig Freude daran, nach der Arbeit noch tagelang in der Küche zu stehen. Aber auch ältere Koreanerinnen greifen nun mehr zu Fertigspeisen oder Bestellungen, was sicherlich viele Nerven schont.


Eine weitere Variante heutzutage, Seollal zu verbringen, ist für viele Koreaner: zu verreisen! Ob es eine Reise innerhalb von Korea oder ins Ausland ist – immer häufiger werden Familienreisen im kleinen Kreis unternommen. Schließlich haben Koreaner nicht so viele Urlaubstage und diese wollen klug eingesetzt werden. Was gibt es da besseres als um die Feiertage herum einen Urlaub zu planen?


Was bedeutet Seollal für mich?

Langsam erfüllt für mich Seollal ein wenig die Funktion von unserem Weihnachten. Natürlich nicht, wenn es um Traditionen geht, aber erst dann fange ich an zu merken, dass ein Jahreswechsel stattfindet. Am koreanischen Neujahr genieße ich die Zeit mit der Familie und gemeinsame Aktivitäten, ob es der Wettbewerb um die meisten Mandu ist, Yutnori spielen oder einen Tempel besuchen. Vieles an diesem Feiertag ist anders und doch ist das Gefühl gleich. Ich stand dem sebae – der Verbeugung vor den Eltern – anfangs skeptisch gegenüber. Es war ein merkwürdiges Gefühl, sich vor Menschen bis zum Boden verbeugen zu müssen, doch nachdem es getan war und man warme Worte und Wünsche zu hören bekommen hat, hat es auf einmal seine Wichtigkeit und Richtigkeit erlangt. Unsere Familie feiert das koreanische Neujahr dennoch eher modern und entspannt und darüber bin ich froh, denn so kann ich mich weiterhin langsam an diesen Feiertag seine Traditionen herantasten.


Comments


Foto der Bloggerin

Über mich

Als Blogger entführe ich euch in die täglichen Abenteuer meines Lebens in Korea, die ich auf verschiedensten Plattformen dokumentiere. Ob ich auf Reisen gehe oder einfach nur den Alltag in Korea festhalte, in diesem Blog möchte ich all diese einzigartigen Erfahrungen zusammenfassen und mit euch teilen.

Mehr erfahren

 

© 2024 Mein Korea

Mein Newsletter

Vielen Dank fürs Abonnieren!

  • Instagram
  • Youtube
  • Tiktok
bottom of page